Rezension: Öffentliches Recht Baden-Württemberg (Kenntner)

Der/die Studierende der Rechtswissenschaft ist Minimalist. Angesichts der Stofffülle im Examen tut er sich mit der Anschaffung von Ausbildungsliteratur schwer. Kaufen will er sich nur dann etwas, wenn sich die Lektüre gewiss lohnt. Da er dies selbst aber im Zweifel erst nach dem Examen beurteilen kann, verlässt er sich auf Angaben von Kommilitonen. Diese wissen zwar auch nicht mehr, aber man folgt dann wenigstens dem Mainstream. Oder man fahndet nach Buchtiteln, die Komplettheit erwarten lassen, wie das Werk von Dr. Markus Kenntner, das den vielversprechenden Titel „Öffentliches Recht Baden-Württemberg“ trägt und in erster Auflage bei Nomos erschienen ist.

Vorweg: Das Buch hält das Versprechen nicht, das der Titel erwarten lässt; gleichwohl kann es in der juristischen Ausbildung eine Hilfe sein. Beleuchtet werden: Polizeirecht, Kommunalrecht, Baurecht, Straßenrecht und – eher überraschend  für ein Landesrechts-Lehrbuch – Verwaltungsprozessrecht. Was leider nur auf zwei (von 332) Seiten erörtert wird, ist das Verwaltungsvollstreckungsrecht, das in beiden Staatsexamina in Baden-Württemberg regelmäßig intensiv geprüft wird.

Wer also erwartet, dass das Werk den kompletten Examensstoff des Landesrechts abdeckt, wird enttäuscht sein. Dies ist schlichtweg in dieser Kürze nicht möglich. Den Studierenden sind vielmehr die im selben Verlag erschienenen Landesrechts-Lehrbücher zu empfehlen, wie etwa das Polizeirechts-Lehrbuch von Ruder/Schmitt, oder auch Landesrechts-Skripten von Hemmer.

Das Werk von Kenntner hat seine Stärken anderswo: Der Autor, Richter am Bundesverwaltungsgericht, unterstützt durch Richter des VGH Baden-Württemberg, präsentiert ingesamt 35 Vertiefungsfälle, deren Durcharbeitung ein sehr gutes, sinnvolles Falltraining vor dem Examen bietet. Im Vorwort bedankt sich der Verfasser beim Landesjustizprüfungsamt für die Erlaubnis zur Verwendung von Original-Examensklausuren – damit ist die Examensnähe der Fälle dokumentiert, auch wenn ein staatsdienstferner Autor diese Erlaubnis wohl nie erhalten hätte.

Sehr gut verwendbar für das Assessorexamen ist auch das Kapitel zur Tenorierung von Gerichtsentscheidungen am Ende des Buches. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass im Assessorexamen u. U. nicht nur Gerichts-, sondern auch Verwaltungsentscheidungen tenoriert werden müssen.

Fazit: Das Buch ist sehr gut geeignet, mit Fällen zu trainieren, auch wenn die Lösungshinweise eher dem Urteilsstil entsprechen und deshalb von den Formulierungen und auch teilweise vom Aufbau her nicht in Klausuren des Ersten Examens übertragen werden dürfen. Man kann es auch, entsprechend den Intentionen des Verfassers, heranziehen, um bei bereits vorhandenem Wissen die einzelnen Rechtsgebiete nochmals überblickhaft zu wiederholen. Davor, es als ausschließliches Lehrbuch für die Examina zu verwenden, worauf sein Titel schließen lässt, muss aber abgeraten werden.

Dr. Jan-Dirk Rausch

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